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Was kann ich gegen Gewalt machen?

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Der Staub tanzt in den grellen, schmalen Lichtkegeln, die durch die hohen Fenster der Prischoßhalle fallen. 15 von 22 Kindern strecken eifrig den Finger in die Höhe. Neugierig sitzen sie auf den drei Holzbänken und wirken selbst überrascht darüber, wie viele Mitschüler sich auf die Frage melden. Die mobile Fitness- und Selbstverteidigungstrainerin, Maja Kuhn, steht erwartungsvoll vor der Gruppe. „Wer hat schon einmal Erfahrung mit Gewalt gemacht?“

Die Klassenleiterin hatte bereits im Winter versucht, ein Programm für die Schüler auf die Beine zu stellen, das ein Verständnis für Gruppendynamik sowie Entstehung von Gewalt- und Verhinderungsstrategien in den Fokus rücken sollte. Die Corona-bedingten Schulschließungen hatten in vielfältiger Hinsicht gravierende Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche zum Vorschein gebracht, die insbesondere das „soziale Miteinander“ betreffen.

„Was ist eigentlich Gewalt?“, fährt die Trainerin fort. Es werden zahlreiche Begriffe auf dem mittelgroßen Flipchart vermerkt. Ungeduldig rutschen einige Schüler auf der Bank herum und wollen aufgerufen werden. Neben einigen anderen Begriffen stehen Beleidigung, Prügelei, Bedrohung und auch das damit verbundene Cybermobbing am Ende der ersten Fragerunde gut leserlich an der Tafel.

„Beleidigung: bis zu 2 Jahre Freiheitsstrafe, unbefugtes Weiterleiten von Bildern, die Personen zeigen: bis zu 2 Jahre Freiheitsstrafe“, mahnt die Selbstverteidigungstrainerin. Die Schüler sind schockiert. Einige grinsen verlegen vor sich hin, doch in den meisten Gesichtern macht sich Unsicherheit bemerkbar. Im weiteren Gesprächsverlauf wird deutlich, wie allgegenwärtig dieses Thema für beinahe jeden der Teilnehmer ist.

Während der nächsten halben Stunde lernen die Schülerinnen und Schüler, was sie tun können, wenn sie verbaler Gewalt ausgesetzt sind. Durch gezielte Rollenspiele üben „Täter“ und „Opfer“ im Wechsel, was sie laut sagen und wie sie anderen helfen können. „Stopp!“, ertönt es so laut in der Turnhalle, dass die Kinder zusammenfahren vor Schreck. „Es kommt vor allem auf die Stimme an“, fährt Maja Kuhn nun wieder in normaler Gesprächslautstärke fort.

Die lizenzierte Trainerin sagt später: „Es macht mir große Freude, wenn ich sehe, wie sich meine Teilnehmer/innen in meinen Kursen entwickeln.“ Konzentriert beobachtet sie die Trainingseinheiten der Fünftklässler und erteilt Tipps für Verbesserungsmöglichkeiten. Ein greller Pfiff beendet das Rollenspiel und die Kinder nehmen auf dem Hallenboden Platz.

Möglich gemacht hat diese Schulung der Elternbeirat, der Förderverein sowie der „Verein Hilfe für bedürftige Kinder“ in Alzenau. Durch die finanzielle Unterstützung blieb ein Unkostenbeitrag von 10 Euro je Schüler übrig, der eine Teilnahme erschwinglich für jeden gemacht hat.

„Dass die Stimme so wichtig ist, hätte ich nie gedacht!“, staunt eine Schülerin, während sie sich die Schuhe zubindet und sich winkend verabschiedet.